Geheimnisvolle Orte:

Der Flughafen Berlin-Tempelhof

Ein Airport mit Geschichte
Buch und Regie Ute Bönnen und Gerald Endres
Kamera Jesse Mazuch
Schnitt Christopher Kaps
Redaktion Rolf Bergmann
Produktion Bönnen-Endres Filmproduktion
Erstaustrahlung 04.06.2018
Länge 45 min

Das Flughafengebäude von Tempelhof ist eines der wenigen gigantischen Projekte der Nazis, die weitgehend verwirklicht wurden. Es war zeitweise das größte Gebäude der Welt. Von Tempelhof sollten die deutschen Herrscher in die Gebiete des germanischen Weltreichs fliegen.

Daraus wurde bekanntlich nichts. 1935 begann der Neubau des Flughafengebäudes auf dem seit 1923 genutzten Flughafengelände. Es entstand eine gigantische Anlage mit weitläufigen unterirdischen Bereichen, eine Stadt in der Stadt mit eigenen Versorgungseinrichtungen und einem Eisenbahntunnel. Im Krieg wurde die Anlage als Flugzeugfabrik, Luftschutzkeller, Militärflughafen und als Befehlsstelle des letzten Stadtkommandanten von Berlin genutzt.

Nach kurzem russischen Intermezzo übernahm die US-Verwaltung den Flughafen. Über Jahrzehnte blieben weite Bereiche des Geländes und des Gebäudes für das US-Militär reserviert. 1948 schlug dann die große Stunde des Flughafens Tempelhof: Die Sowjets blockierten alle Zugänge zu Land nach West-Berlin. Die Stadt konnte nur über die vertraglich zugesagten Luftkorridore Verbindung zur Welt halten. Ursprünglich sollten nur die westalliierten Truppen für kurze Zeit aus der Luft versorgt werden. Dann wurde daraus die monatelange Versorgung der zwei Millionen Einwohner von West-Berlin. Die Landebahnen in Tempelhof wurden zur wichtigsten Lebensader der Stadt, die Räume des Labyrinths unter dem Flughafengebäude waren teilweise als Lager genutzt. Die täglichen Transportziffern bestimmten den Puls der Stadt. Die vielen Geschichten um die Flüge der "Rosinenbomber" gingen ein in die große Erzählung vom Selbsterhaltungswillen Berlins und den Mythos der Frontstadt - und sie begründeten die emotionale Bindung vieler Berliner an "ihren" Flughafen sowie eine neue Freundschaft mit den westlichen Besatzern Berlins.

Danach lief der zivile Flugverkehr Berlins bis Mitte der 70er Jahre über Tempelhof, Tempelhof war jetzt das Tor zur Welt für die vielen Flüchtlinge aus der DDR, die auf dem Landweg Berlin nicht verlassen konnten, und gleichzeitig ein Ort des Glamours. Auf dem Tempelhofer Flugfeld stiegen die Schauspieler während der Filmfestspiele aus. Unzählige Filmaufnahmen und Fotos zeugen von den Ereignissen an diesem Ort, wer überhaupt als Prominenter die Inselstadt besuchte, landete in Tempelhof und vermittelte Berlin den Eindruck, die Völker der Welt schauten auf diese Stadt. Dafür nahmen die Berliner in Kauf, dass die startenden und landenden Flugzeuge so erschreckend niedrig und laut über den Dächern der Häuser ihre Bahn zogen, dass man oft den Eindruck hatte, sie flögen durch statt über die Hinterhöfe der Neuköllner Mietskasernen

Doch die Rollbahnen reichten dann nicht mehr aus für die neuen Düsen-Jets. 1975 wurde Tempelhof für den zivilen Flugverkehr geschlossen, Tegel übernahm die Rolle des Hauptstadtflughafens, doch schon 1981 wurde Tempelhof wieder geöffnet und vor allem von Regionalfliegern genutzt. Mit der Wiedervereinigung Berlins und dem Beschluss, Schönefeld auszubauen, war aber auch endgültige das Ende des Tempelhofer Flugbetriebs beschlossene Sache. Doch so einfach schließen die Politiker in Berlin keinen Flughafen. Viele Berliner hingen an "ihrem" Tempelhof. Bürgerinitiativen pro und contra Schließung bildeten sich, pro und contra Bebauung des Flugfeldes. Eine Besetzung wurde propagiert und von einem großen Polizeiaufgebot verhindert. Ein Volksentscheid brachte schließlich die Entscheidung: Tempelhof bleibt Freifläche und wird bis heute auf vielfältigste Weise zur Erholung genutzt.<7P>